MEINE HEIMAT OBERNEULAND Von Winfried Hammelmann, Oberneulander, Redakteur und Autor HAMMEL- SPRÜNGE Umgedreht wird ein Fest draus Es gibt gute Gründe, mit den Gepflogenheiten des Weihnachtsfestes zu brechen. Erstens: Wiederholungen sind langweilig. Zweitens: Wiederholungen sind langweilig. Drittens: Wiederholungen sind langweilig. Okay, das klang jetzt ziemlich langweilig, aber es gibt noch andere Gründe. Viertens: Man kann den Partner und die Familienmitglieder wirklich überraschen. Fünftens: Man bleibt fit im Kopf, wenn man die Gewohnheiten ändert. Sechstens: Das Fest der Freude mal kom- plett anders zu feiern, würde für Gesprächs- stoff sorgen. Siebtens: Man kann Leben retten. (Okay, das ist sehr unwahrscheinlich, kann ja aber im Einzelfall mal sein.) Nun fragen Sie sich vielleicht: Worauf will der Kerl hinaus? Das übernehme ich mal stell- vertretend, und ich frage mich: Worauf willst Du eigentlich hinaus? (Ja, ich duze mich. Das hängt mit der Weihnachtsfeier 2017 zusam- men, auf der ich mich von einer ganz anderen Seite kennengelernt habe.) Also, fangen wir doch mal mit dem Weih- nachtsbaum an. Vorschlag 1: Ich plädiere dafür, statt Tannen- bäume kleine süße Birken ins Wohnzimmer zu stellen, um sie zu schmücken. Das schont die Nadelholzwälder. Und, was ich persönlich sehr mag, Birken nadeln nicht. Vorschlag 2: Statt irgendwelcher Promibio- grafien, Skandinavienkrimis oder Fernseh- kochbücher empfehle ich, doch einfach mal die Bibel zu lesen. Tolles Buch. Und damit komme ich zu meinem Hauptan- liegen. Vorschlag 3: Verzichten Sie doch mal darauf, Heiligabend was zu verschenken. Das können Sie ja schon vorher tun. Wenn Sie an dem PVS leiden, also am Permanenten Verschenk- Syndrom, dann lassen Sie das doch einfach raus, indem Sie auch an Erwachsene prall gefüllte Adventskalender verschenken, nicht mit 24 kleinen Türchen, sondern mit 31 amt- lichen Pforten, für sämtliche Dezembertage. Wem die Frage unter den Nägeln liegt, nein, wem die Frage auf der Zunge brennt, nee, auch nicht, wem die Frage unter den Sohlen genagelt … Blödsinn. Sie wissen, was ich meine. Einige von Ihnen werden sich fragen: Nichts schenken, was soll ich denn sonst machen? Einigen von Ihnen werde ich ein- silbig antworten: Nehmen. Ja, das Zauberwort heißt Nehmen. Es passt viel besser zur heutigen Zeit. Und sagen Sie mir jetzt nicht: Geben ist seliger denn Nehmen. (Vorschlag 4: Verdrehen Sie mal Sprichwörter und Sinnsprüche.) Anders herum wird ein Weih- nachtsschuh draus, finde ich: Nehmen ist seli- ger als Geben. Ich versuch‘s mal, international auszudrücken: Give Christmas (kurz givemas) is out, take Christmas (kurz takemas) is in. Ja, in Beziehungen ist es immer ein Nehmen und Geben. Und gegeben wurde jetzt gefühlt 2017 Jahre, da kann man doch mal umschwenken aufs Nehmen. Die Idee – ganz konkret – ist Folgende. Statt jedem der Liebsten ein Geschenk zu machen, nimmt man von jedem ein Teil. Aus jedem Präsentgeber wird ein Gegenstandnehmer. Man kann vorher, wie man es beispielsweise beim Wichteln oder beim Schrottwichteln macht, festlegen, wie hoch der Wert von dem, was man dem anderen nimmt, maximal sein darf. Ähnlich wie beim traditionellen Schen- ken, würde der Wert bei den Liebsten höher liegen, als bei einer Kollegin oder den Nach- barn. Ja, und dann gucken Sie sich bei dem Be… was ist denn eigentlich das Gegenteil von Beschenkten? Benommenen? Erleichter- ten? Sie ahnen, was ich meine. Sie gucken sich bei demjenigen um, dem Sie ein Teil abnehmen werden. Das können Sie schon Wochen, ach Monate vor dem heiligen Nehmerfest machen. Und zur Weihnachtszeit nehmen Sie dann die Bluse der Freundin, die Sie an sich sowieso schöner finden, als an ihr. Oder Sie nehmen von Ihrer Tochter das Ego Shooter-Spiel oder von Ihrem Sohn den Legobausatz. Oder Sie nehmen die Äpfel aus Nachbars Garten. Abnehmen ist gut. Abneh- men ist sogar sehr gut. Steht in jeder zwei- ten Frauenzeitschrift und jeder siebzehnten Männerzeitschrift. Sie sind der Abnehmer, der jeweils andere ist der Abgeber. Besser abgeben als angeben, sage ich immer. Die Gründe fürs jeweilige Nehmen können sehr - AICHHÖRNCHEN & BEICHHÖRNCHEN Die beiden Schnacker sind Tiere aus der großen Familie der Nager, man kann aber auch sagen, die beiden Nager sind Tiere aus der großen Familie der Schnacker. Folge 3: Heiligeichhörnchenabend A: Dieses Jahr schenken wir uns aber nichts. B: Sich nichts schenken, das habe ich mal in einem Lexikon für Nager nachgelesen. Das heißt: bei einem Wettkampf vollen Ein- satz zeigen. A: Ja, also dann werden wir Weihnachten keinen vollen Einsatz zeigen. B: Sondern? A: Gar keinen Einsatz. B: Das sagst Du jetzt. Und Heiligabend hast Du dann doch wieder Geschenke für mich. A: Nein, diesmal nicht. B: Nicht mal drei Haselnüsse? A: Nein. B: Auch kein Männchen aus Kastanien? A: Nein. B: Wie ist es mit einem Kastanienweibchen? A: Erst recht nichts Unanständiges. B: Dann wenigstens zwei Eicheln. A: Hast Du schon. B: Bunte Blätter? A: Da steht nur blödes Zeug drin. B: Ich meine, bunte Herbstblätter. A: Ich auch. B: Einen goldenen Ring mit viel Schnörkel und glitzernden Diamanten? A: Doch, das schon. unterschiedlich sein. Entweder möchte man das ausgesuchte Teil selbst gerne haben oder weiterverschenken oder das Nehmen soll einen Freund von der Sucht beziehungs- weise Sammelleidenschaft befreien. Oder man möchte es ökologisch sauber entsor- gen, weil es hässlich ist oder weil es pädago- gisch das Gegenteil von wertvoll ist. Kann auch sein. Ich sehe vor meinem Auge schon gestirnte Runzeln, äh, gefaltete Falten, nee, gerunzelte Kopfhaut … Sie wissen, was ich meine. Nicht wenige von Ihnen werden denken (denke ich mir): Das wird aber zu Stress und Streitereien unter dem Tannenbaum führen. Und da sage ich einerseits: Nein, Sie haben dann ja gar keinen Tannenbaum. Und ande- rerseits sage ich: Stress haben und streiten zur Weihnachtszeit, das ist doch in vielen Familien eine lieb gewonnene Tradition. Man muss ja nicht alles ändern. Frohes Abnehmerfest. Die nächste Ausgabe von OBERNEULAND erscheint am Freitag, 25.01.2019 – Redaktionsschluss: 02.01.2019 146 OBERNEULAND